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Ladinia
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Ladin dolomitan
Zur Einleitung

Die Spaltung des Dolomitenladinischen in fünf (wenn nicht sechs, sieben oder acht) Schriftidiome ist mit gravierenden Nachteilen verbunden. Eine kleine Sprachgemeinschaft mit lediglich etwa dreissigtausend Angehörigen bedarf der Sammlung aller Kräfte, wenn sie in der heutigen Zeit dem Konkurrenzdruck zweier Schriftsprachen vom Rang des Italienischen und des Deutschen auch nur annähernd gewachsen sein will. Die Zersplitterung auf der schriftsprachlichen Ebene bewirkt aber das Gegenteil: eine Verzettelung der Energien; sie steht der so dringend benötigten Einigkeit entgegen, sie führt zu einem Auseinanderdriften statt zur Kohärenz, und sie verwandelt eine an sich schon kleine Sprache in eine Reihe von Miniaturidiomen. So sehr die Vielfalt der gesprochenen Mundarten einen Reichtum darstellt, den es meines Erachtens zu bewahren gilt (auch gegen die schriftliche Verwendung der Talschaftsidiome im lokalen Rahmen ist nichts einzuwenden), so ist doch das Fehlen einer Überdachungssprache für das Gesamtgebiet ein Mangel, der schon vor langem als solcher erkannt wurde.

Besonders unvorteilhaft musste die Lage erscheinen, wenn man das Ziel im Auge hatte, die Existenzbedingungen des Ladinischen zu verbessern, ihm neue Anwendungsbereiche zu erschliessen und ihm, in eben diesem Sinne, auch die Rolle einer Amtssprache zu übertragen. Es war in der Tat nicht anzunehmen, dass die zuständigen Instanzen bereit sein würden, im amtlichen Verkehr neben einer Form des Italienischen und einer Form des Deutschen mehr als eine Variante des Ladinischen zu verwenden. Inzwischen ist, wie man weiss, das genannte Ziel mindestens zum Teil erreicht worden: seit dem 9. November 1989 ist Ladinisch neben Deutsch und Italienisch Amtssprache der Provinz Bozen, und es bestätigt sich die Annahme, dass die Behörden nach einer Standardform verlangen, die für das ganze - wahrhaftig nicht grosse - ladinische Gebiet Geltung haben könnte.

Im Oktober 1988 wurde der Verfasser der vorliegenden Wegleitung von den beiden ladinischen Kulturinstituten "Micurá de Rü" in San Martin de Tor und "Majon di Fashegn" in Vich beauftragt, Richtlinien für eine gesamtdolomitenladinische Schriftsprache auszuarbeiten. Zunächst stellte sich natürlich die Frage, ob es denn nicht möglich wäre, eines der bestehenden Talschaftsidiome als übergeordnete Dachsprache für ganz Ladinien zu verwenden. Die Frage bleibt weiterhin offen, doch ist leicht vorauszusehen, dass jeder derartige Versuch zu Konflikten führen müsste. Die exklusive Berücksichtigung eines einzelnen Teilgebietes würde, auch wenn sie vielleicht durch linguistische Argumente oder im Hinblick auf ein numerisches Übergewicht gestützt werden könnte, in den übrigen Talschaften leicht den Eindruck einer ungerechtfertigten Zurücksetzung erwecken und als rücksichtslose Majorisierung durch einen privilegierten Partner empfunden.

Schon aus diesem Grunde dürfte eine Sprachform, die Elemente mehrerer, womöglich aller dolomitenladinischen Idiome vereinigt, eher geeignet sein, die gewünschte Brückenfunktion zu versehen. Es wird sich allerdings als unmöglich erweisen, dabei alle, oft genug diametral entgegengesetzten Wünsche der einzelnen Talschaften zu erfüllen, noch auch, grundsätzliche Bedenken gegen eine "Mischsprache" völlig zu zerstreuen. Immerhin ist in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, dass es wirklich ungemischte Sprachen, wie der Fachmann sehr wohl weiss, auf dieser Erde schlechterdings nicht gibt und dass fast alle bestehenden Schriftsprachen, sofern sie überregionale Geltung haben, Früchte des Kompromisses sind, auch das Schriftdeutsche und auch die italienische lingua nazionale, die ja nicht einfach mit dem Toscanischen identisch ist, sondern - zwar ausgehend von einem toscanischen Grundmuster - auf einer Kombination nord-, mittel- und süditalienischer Elemente beruht.

Welches sind nun aber die Dialekte oder Idiome, die am Aufbau einer dolomitenladinischen Koiné (einer gemeinsamen Überdachungssprache) beteiligt sein sollen? Der Begriff "Ladinisch" ist in letzter Zeit durch einige Linguisten und Politiker erheblich strapaziert und auf einen Teil des bellunesischen Mundartraums - den Cadore - ausgedehnt worden. Es ist in der Tat kaum möglich, eine scharfe sprachliche Grenze zu ziehen zwischen dem ladinischen Kerngebiet und benachbarten halbladinischen, mehr oder weniger stark venedisierten oder lombardisierten Dialekten, welche der seit Ascoli als "anfizona" bezeichneten Übergangslandschaft angehören. Hier scheint mir eine Beschränkung auf jenes Gebiet sinnvoll, in dem das Bewusstsein der eigenen Ladinität seit Generationen lebendig ist und nicht erst in neuester Zeit, sozusagen "von oben", einer Bevölkerung suggeriert wird, die an ihrer Italianità gewiss keine ernstlichen Zweifel hegt.

Nach Massgabe dieses Kriteriums umfasst die hier im Vordergrund stehende dolomitenladinische Kernzone die Talschaften rund um den Sellastock: das Gadertal (Abtei und Enneberg), Gröden, Buchenstein (-Col), das Fassatal samt Moena, ferner, in direktem Kontakt mit dem Sellagebiet, Cortina d'Ampezzo. Zu diesem kompakten Bereich gehören demnach all jene Talschaften, die sich in der Union Generela di Ladins dla Dolomites zusammengeschlossen haben und die seit langem durch sprachliche und kulturelle Beziehungen, heute nicht zuletzt durch die gemeinsame Wochenzeitung La Usc di Ladins verbunden sind.

Dabei ist nicht zu übersehen, dass eben diese Kernzone auch durch ein Zusammentreffen typisch ladinischer Sprachzüge charakterisiert ist, wie es sich in gleicher Dichte und Konzentration in den Mundarten der Nachbarschaft nicht feststellen lässt: Mehrzahlbildung mittels der Endung -s (neben andern Arten der Pluralmarkierung), Fehlen des jüngeren Konditionals vom Typus PORTARE HABEBAT oder PORTARE HABUIT (portarava, -aría; porterebbe), an dessen Stelle gewöhnlich, wie im Lateinischen, der Konjunktiv Imperfekt gebraucht wird; im lautlichen Bereich Palatalisierung der Velare C und G vor A (cian; gial, jal, ial usw.), Bewahrung der Konsonantengruppen PL, BL, FL, CL, GL, Schwund der unbetonten Endvokale -o und -e, usw.; dazu Besonderheiten des Wortschatzes und anderes mehr. Alle Talschaften des oben umrissenen Kerngebietes haben in wechselnder Kombination Anteil an mindestens drei bis vier der genannten Sprachmerkmale; in einem Teil der Idiome sind alle sechs nach wie vor fest verwurzelt, ganz abgesehen von weiteren Eigentümlichkeiten, durch die sie sich ebenfalls von den benachbarten cadorinischen und trentinischen Mundarten unterscheiden.

Eine Abstützung der gesamtdolomitenladinischen Schriftsprache allein auf Gröden und das Gadertal, wie sie unter Hinweis auf die von den Ladinern in der Provinz Bozen errungenen Rechte ins Gespräch gebracht wurde, scheint mir nicht ratsam. Sie würde dem nachgerade dringenden Gebot einer vermehrten Solidarität zwischen den verschiedenen Teilgebieten zuwiderlaufen und zudem die gegenwärtig bestehende Benachteiligung der Ladiner in den südlichen Tälern zementieren. Die Befürworter einer solchen Minimallösung nehmen die Gefahr einer weiteren Spaltung Ladiniens leichtfertig in Kauf, ohne zu bedenken, dass eine Kleinsprache die besseren Entfaltungsmöglichkeiten und Überlebenschancen besitzt, wenn sie über einen Hintergrund von 30.000 statt lediglich 18.000 Trägern verfügt. Ferner ist nicht zu übersehen, dass bei einer Beschränkung auf das Gebiet der Provinz Bozen (in ihrem jetzigen Umfang) die Konkurrenz zwischen Gröden und dem Gadertal sich sofort in verschärfter Form bemerkbar machen würde und damit die Suche nach einer Kompromisslösung nicht erleichtert, sondern im Gegenteil erschwert wäre. Das alles sind Gründe, die für mehr Offenheit und eine weniger restriktive Planung sprechen.

Wie am besten aus den Tabellen des Kapitels "Phonetik" ersichtlich ist, wurden in dieser Wegleitung grundsätzlich stets alle Talschaften berücksichtigt. Wo die einzelnen Idiome divergieren, wird im Prinzip jene Form bevorzugt, die innerhalb des Gesamtgebietes die grösste Verbreitung besitzt und somit auch am meisten Aussicht hat, von einer Mehrheit der Ladiner (resp. der ladinischen Talschaften) problemlos akzeptiert zu werden. Sind die Mehrheitsverhältnisse prekär oder unklar - was bei der komplexen Binnengliederung des Dolomitenladinischen und dem unterschiedlichen Gewicht der einzelnen Teilgebiete nicht allzu selten vorkommt - so werden weitere Kriterien (Deutlichkeit, leichte Verständlichkeit usw.) mit herangezogen. In all diesen Fällen wird unsere Entscheidung an der betreffenden Textstelle erläutert und begründet. Dass insbesondere im Bereich der Morphologie dem Gesichtspunkt der Transparenz, der eindeutigen Kennzeichnung von grammatischen Funktionen, aber auch der Regelmässigkeit der Paradigmen spezielle Beachtung zu schenken ist (siehe unten, p. 59), dürfte wohl allgemein einleuchten.

Mit der gebotenen Zurückhaltung wurde auch das Kriterium der "besseren Ladinität" in das Evaluationsverfahren mit einbezogen. Einerseits gehört es zu den legitimen Anliegen einer bedrohten Sprachminderheit, jene Züge besonders hervorzuheben und zu pflegen, durch die sie sich von der majoritären - der "bedrohenden" - Nachbarschaft unterscheidet; anderseits birgt eine Überbetonung der Eigenmerkmale die Gefahr einer Verzerrung in sich 1) und kann zu einem lebensfeindlichen und damit kontraproduktiven Purismus führen. Im Folgenden ist denn auch das erwähnte Echtheitskriterium nur in Grenzfällen zur Anwendung gelangt.

Während der Ausarbeitung der vorliegenden Richtlinien, die sich über mehrere Jahre hinzog, durfte ich stets auf die Unterstützung und den Rat freiwilliger Mitarbeiter, vor allem aus Ladinien selbst zählen. Diese Hilfe war umso wertvoller, als es für den Aussenstehenden unmöglich ist, allein anhand der Quellenwerke (Wörterbücher, grammatische Darstellungen, Monographien, Sprachatlas [AIS]) sich einen wirklich lückenlosen Gesamtüberblick über das Dolomitenladinische zu verschaffen. Hier war ich oft genug auf die Mitwirkung von Gewährsleuten aus allen Teilen des Sprachgebietes angewiesen. Zudem ergab sich bei Zusammenkünften in grösserem oder kleinerem Rahmen mehrfach Gelegenheit, Probleme, die im Verlauf der Arbeit auftauchten, einem interessierten Publikum vorzulegen und verschiedene Lösungsmöglichkeiten auf ihre Akzeptanz hin zu testen.

Allen Beteiligten, nicht zuletzt dem Präsidenten des Institutsrates, Dr. Hugo Valentin, unter dessen Schirmherrschaft das ganze Unternehmen stand, sei hier für ihr Wohlwollen und ihre Unterstützung gedankt. Namentlich erwähnen möchte ich insbesondere jene Personen, die mir in zahlreichen Einzelbesprechungen immer wieder zur Verfügung standen, in erster Linie die Leiter der ladinischen Institute, Lois Craffonara, Fabio Chiocchetti und Leander Moroder. Meine hauptsächlichsten Gesprächspartner, was die Diskussion linguistischer Probleme betrifft, waren ausser den eben Genannten Heidi Siller-Runggaldier und Roland Verra, dann aber auch, in einer Reihe von Fällen, Ruth Bernardi, Daniela Detomas, Bruna Grones, Sergio Masarei, Hilda Pizzinini, Bepe Richebuono, Lois Trebo und Franz Vittur; schliesslich meine Kollegen Walter Belardi (Rom/ Corvara), Guntram A. Plangg (Innsbruck) und Dieter Kattenbusch (Giessen). Stets mit Rat und Tat unterstützt hat mich meine Frau. Sie war in all den Jahren meine wichtigste Mitarbeiterin2).

Die zahlreichen Kontakte mit Vertretern der verschiedenen Talschaften hatten freilich auch ihre Kehrseite. Die Wünsche der einzelnen Gesprächspartner waren, trotz allen Bemühungen, oft nicht auf einen gemeinsamen Nenner zu bringen. Diese Meinungsverschiedenheiten der Ladiner unter sich bescherten mir manches Kopfzerbrechen (und manche schlaflose Nacht) und liessen mich zeitweilig an der Realisierbarkeit des ganzen Unternehmens zweifeln. Um die neue Schriftsprache nicht von allem Anfang an mit vermeidbaren Hypotheken zu belasten, entschloss ich mich schliesslich, in einigen besonders hart umstrittenen Punkten mehr als nur eine Möglichkeit offenzulassen. Dies in der Annahme, die Lage könnte sich im Laufe der Zeit, bei zunehmender Gewöhnung und einem Nachlassen der anfänglichen Gegensätze, von selbst klären, sodass man doch noch zu einer Einigung gelangen würde. Es ist eine alte Weisheit, dass "die Zeit heilt", und man sollte die Wirkung dieses Heilfaktors nicht unterschätzen. Auch bleibt zu bedenken, dass in den Jahrhunderten, während deren sich die grossen Schriftsprachen Europas herausbildeten, die Vereinheitlichung nicht von heute auf morgen erfolgte, sondern allmählich und schrittweise, im Laufe vieler Generationen. Es ist klar, dass im Fall des Ladinischen nicht mehr so grosse Zeiträume zur Verfügung stehen. Ob es aber nötig ist, deswegen ins andere Extrem zu verfallen und alles schon hier und jetzt bindend zu regeln, darf wohl bezweifelt werden.

Ein Blick auf andere Schriftsprachen, auch die dem Ladinischen unmittelbar benachbarten, lässt unschwer erkennen, dass eine gewisse Variationsbreite nichts Aussergewöhnliches und auch auf längere Sicht sehr wohl tolerierbar ist. Man vergleiche italienische Doppelformen vom Typus l'erbe / le erbe, gl'italiani / gli italiani; lo gnomo, lo psicologo / il gnomo, il psicologo ("meno bene"); vi ho visti (veduti) / vi ho visto (veduto) und viele ähnliche Fälle.

Im Deutschen hat man weitgehend die Freiheit, die Endung -e im Dativ Singular, aber auch in Verbalformen usw. wegzulassen: am Rande / am Rand, von ferne / von fern, gehe mir aus dem Weg! / geh mir aus dem Wege! / geh mir aus dem Weg! usw.; s-Plurale treten oft neben andere Mehrzahlformen, zB. die Ballone / die Ballons (Duden erlaubt beides); und so fort. Recht häufig sind vor allem lexikalische Regionalismen wie (österreichisch) aufscheinen, weiters, Jänner, Kren oder Wortpaare wie Samstag/Sonnabend, Tischler/Schreiner, Orange/Apfelsine, it. figlio, -a / figli(u)olo, -a, ora/adesso (früher auch mo), stringhe / lacci / legacci / aghetti und viele weitere.

Dieser kurze, sehr fragmentarische Ausblick über die Grenzen Ladiniens ist vielleicht doch geeignet, den gelegentlich zu hörenden Ruf nach einer schon völlig lückenlosen Normierung der neuen Schriftsprache etwas zu dämpfen. Eine liberale Grundhaltung, ein Verzicht auf Zwangsregulierungen in einzelnen besonders sensiblen Bereichen kann wesentlich dazu beitragen, Widerstände gegen das ungewohnte Neue abzubauen und die Akzeptanz einer gemeinsamen Dach- oder Brückensprache zu verbessern.

In diesem Zusammenhang noch ein letzter Punkt: Ladinische Eigennamen (Ortsnamen, ausgenommen Exonyme, und vor allem Personennamen) sollten ohne ausdrückliches Einverständnis der Betroffenen nicht angetastet, sondern in ihrer bisherigen lokalen Form belassen werden. Es ist sicher angezeigt, einen derart empfindlichen Bereich der Sprache vor verletzenden - und dabei keineswegs dringenden - Eingriffen zu bewahren.

Die in dieser Wegleitung entworfene Schriftsprache, im Folgenden "Ladin Dolomitan" genannt (abgekürzt LD), ist nicht geschaffen, um die bestehenden Mundarten und Idiome in ihrem angestammten Verbreitungsgebiet zu ersetzen. "Ladin Dolomitan" ist eine Schreib- und Lesesprache. Als solche kann und wird es die gesprochenen Mundarten nicht verdrängen, sofern die Bewohner Ladiniens gewillt sind, an ihren lokalen Dialekten festzuhalten. Dasselbe gilt im Prinzip für den schriftlichen Gebrauch der Talschaftsidiome im bisherigen Rahmen. Die Überdachungssprache ist dazu bestimmt, dort eingesetzt zu werden, wo man sich nicht nur an ein einzelnes Teilgebiet, sondern an einen etwas weiteren Kreis von Lesern zu wenden gedenkt. Es war das Ziel dieser Arbeit, eine Sprachform zu finden, die in ganz Ladinien verstanden werden kann, ohne dass sie eigens gelernt oder gar in der Schule unterrichtet werden müsste. Nur wer die Absicht hat, das "Ladin Dolomitan" selbst zu brauchen, wird somit gehalten sein, sich dessen Regeln genauer einzuprägen.

Im übrigen steht es dem Verfasser als einem Landesfremden nicht zu, über die effektive Verwendung der neuen Schriftsprache zu befinden. Die Entscheidung über Annahme oder Verwerfung der einzelnen Teile wie auch des Vorschlags als Ganzes liegt bei den Ladinern, in erster Linie natürlich bei denjenigen, die gewillt sind, Ladinisch nicht nur zu sprechen, sondern auch zu schreiben, und denen es freigestellt bleiben muss, die sprachliche Form ihrer Texte selbst zu bestimmen. Niemand dürfte nach meinem Dafürhalten gezwungen werden, "Ladin Dolomitan" zu schreiben (oder zu lesen); aber es sollte auch niemandem, der dies tun möchte, verwehrt sein, von dem nun endlich vorliegenden Angebot Gebrauch zu machen.

Zürich, im Dezember 1993.

1) Ein Beispiel aus der Praxis: Der dem it. conservazione entsprechende Neologismus lautet, gemäss den lokalen Lautgesetzen, in Gröden cunservazion, im Gadertal conservaziun, in den übrigen Talschaften conservazion. Im Präfix dominiert demnach eindeutig die Variante con- (im Verhältnis 4:1), im Suffix ebenso deutlich -on, woraus sich für die gemeinsame Schriftsprache die Form conservazion ergibt. Eine starre Anwendung des Prinzips, überall nichtitalienische Lautungen zu bevorzugen, würde dagegen zu einer Konstruktion cunservaziun führen, die in keinem ladinischen Idiom vorkommt und wie eine Karikatur wirkt. Ähnliche Fälle sind keine Seltenheit.

2) Sehr zu danken habe ich auch Paolo Anvidalfarei, der sich mit Geschick der nicht ganz leichten Aufgabe entledigte, den vorliegenden Text mitsamt den zahlreichen Tabellen übersichtlich und auch typographisch ansprechend zu gestalten.

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